DENZLINGEN. "Man sieht vor sich so viele Bilder, wenn man seine Musik hört", äußerte einmal der berühmte Geiger Daniel Hope über Mendelssohn Bartholdys Werk. Diese Erfahrung konnte das Publikum teilen, denn der neue Dirigent Lukas Grimm setzte zwei große Werke des Komponisten auf das Programm: die "Schottische Symphonie" Nr. 3 a-moll, op. 56 und das Violinkonzert e-moll, op. 64. Mit der Freiburger Orchestergesellschaft und der Solistin Judith von der Goltz ist Grimm ein außergewöhnlicher musikalischer Einstand gelungen.
Regen, Wind, Gewitter und Nebel, in Klangbilder umgesetzt, faszinieren den Zuhörer gleich im ersten Satz. Mendelssohn Bartholdy verarbeitet in seiner Sinfonie Stimmungen und Eindrücke, die er auf einer Reise nach Schottland 1892 erfahren hatte. Die düstere Natur des Landes zog ihn unmittelbar an. Gischt brandet an Felsen, Sturm zerzaust die Bäume. Das Publikum wird musikalisch umgarnt, nachsingbare Motive wandern durch die Instrumentalgruppen. Danach Volksfeststimmung, es wird aufgespielt. Melancholie, schmerzlicher Unterton und sehnsuchtsvolle Themen bilden das Klangkolorit der folgenden Sätze. Und im Finale die Violinen mit scharfen Doppelpunktierungen, aufgebracht und fordernd. Dazwischen zarte Bläserklänge, die das Thema verrinnen lassen, damit es erneut in den Bässen und Celli ersteht.
Grimm leitet das Orchester behutsam und prägnant, formt Piano und Forte, zaubert musikalischen Ausdruck. "Ich habe noch nie unter einem so guten Dirigenten gespielt", so ein Orchestermitglied.
Lukas Grimm studierte an der Musikhochschule Stuttgart Kirchenmusik und Orgelimprovisation. Seit 2011 wird er als Chordirigent im Dirigentenforum des Deutschen Musikrats gefördert, widmet sich aktuell der Orchesterleitung und leitet den Freiburger Kammerchor. Im März 2016 gewann er als Finalist beim 2. Deutschen Dirigentenpreis in der Berliner Philharmonie den zweiten Preis.
Originalität und blühende Inspiration zeichnen Mendelssohns Violinkonzert aus. "Er ist einer der wenigen Komponisten, der immer diese neue Melodie, immer neue frische Themen erfinden kann, und das mit Leichtigkeit" (Daniel Hope). Gleich zu Beginn wird das Hauptthema vom Soloinstrument vorgestellt. Spannend und eindrucksvoll gestaltet Judith von der Goltz den Einstieg und den musikalischen Charme der Kadenz, die bereits im ersten Satz erklingt. Nahtlos geht der erste in den zweiten Satz über. Gleichsam durch die Instrumentalgruppen reist das Thema, flirrend und schwirrend. Auch im zweiten Satz sehnsuchtsvolle, vielfältige Zwiesprache zwischen Orchester und Violine, variationsreich und ausdrucksstark. Im dritten Satz eröffnet eine Bläserfanfare den heiteren Dialog zwischen Orchester und Violine, Akkorde manifestieren den Schluss. Von der Goltz meisterte ihren Part bravourös. Vielen ist das Werk bekannt, doch ihre Interpretation zeugte von hoher Virtuosität und klanglicher Reinheit, ließ immer wieder aufhorchen.
Judith von der Goltz studierte in Luzern und Freiburg, ist Mitglied der Jungen Deutschen Philharmonie sowie Gründungsmitglied der Freiburger KammerSolisten. Sie konnte wichtige Orchestererfahrungen, unter anderem beim Freiburger Barockorchester sammeln.
Das Publikum dankte mit stürmischem Applaus und in der Gewissheit, dass für die Freiburger Orchestergesellschaft unter Lukas Grimm eine spannende, bereichernde Zusammenarbeit begonnen hat.